Sonntag, 9. August 2015

Von der Kreidelucke

Die Stromboding unterhalb der Kreidelucke
Der Teufel - so heißt es - ärgerte sich vor Zeiten furchtbar über die Hinterstoderer. Sie waren ihm einfach zu fromm. Dabei sollte man meinen, dass es für den Teufel kaum ein besseres Revier gibt als eine Ansammlung von Allzufrommen. - Gleich aber, wie es war und ist: Er wollte die Stoderer ertränken. Was lag da näher als die Steyer in ihrer engen Schlucht zwischen dem Kleinen Priel und dem Steyersberg zu stauen.
Entschlossen machte er sich an die Arbeit. Das war aber eine furchtbar mühsame Angelegenheit. Bald kam er ins Schwitzen. Trotz all der Mühe gelang es ihm nur ein paar Felsen herauszureissen aus den Bergen. Die liegen heute noch in der Stromboding in der Steyer. Fluchend trat der Teufel schliesslich vor lauter Wut gegen einen Felsen und fuhr mit einem Satz in die Hölle. Der Teufelstritt ist heute noch zu sehen. Dort aber, wo der Teufel in der Unterwelt verschwand, entstand die Höhle der Kreidelucke. Aus ihr rinnt der Schwarzbach. Das - so heißt es - ist der Schweiß vom Teufel.

Wo der Teufel auftaucht sind oft auch materielle Schätze nicht weit:
Immer wieder redeten die Leute davon, dass in der Kreidelucke ein Schatz zu finden sei. Sie wußten aber auch, dass es wohl eine Beschwörung brauchen würde um einen vom Teufel verwunschenen Schatz zu heben. Einer hatte das Glück, dass ihm von dieser Beschwörung träumte. Mit dreizehn Anderen machte er sich auf um die Höhle zu erkunden.
Nach einem mühsamen Marsch kamen sie tief drinnen im Berg zu einem finsteren See. Im trüben Licht der Lampen sahen sie am anderen Ufer eine große Eisenkiste. Das mußte der Schatz sein! - An einer engen Stelle führte ein dünner, rutschiger Baum über den See. Da tauchten von der anderen Seite  auch noch vierzehn Steiermärker auf.  Die hatten es auch auf den Schatz abgesehen.
Jetzt erst nahmen die Stoderer wahr, dass ein gewaltiger Hund auf der Schatzkiste lag. Seine Augen leuchteten in der Finsternis. Er trug die Schlüssel zu der Kiste im Maul. Höchste Zeit die Beschwörung aufzusagen. Der Mann raunte Wort für Wort. Kaum aber, dass das letzte Wort verklungen war, hörten sie eine näselnde Stimme rufen: »Dauhe! Dauhe! Dauhe!«
Was sollte das bedeuten?
»Dauhe!« als Ruf »Då ne!« - also »Fort!« oder »Dauhe« als »Då he!« - also »Da her!«?
Während sie noch überlegten rollte ihnen eine Kegelkugel vor die Füsse. Der, der die Beschwörung gemurmelt hatte, nahm die Kugel und warf sie ins Wasser. In diesem Moment erklang eine wundersame Musik. In der Überlieferung heißt es  »eine türkische Musik«! Eigenartig! - Die Männer standen wie verzaubert und horchten auf den ungewohnten Klang. Dabei wurde es in der Höhle taghell. Sogar ausserhalb der Höhle leuchtete das Licht weitum in die Nacht.
Weil sich aber keiner über den Baumstamm getraute, blieb ihnen schließlich nichts anderes übrig als umzukehren. Froh waren sie, als sie wohlbehalten wieder heraussen waren.  Den Schatz hatten sie nicht, aber immerhin eine schier unglaubliche Geschichte!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen